Endlich wieder in Präsenz – das gilt in diesem Wintersemester für viele Veranstaltungen an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM). Wenn es um das „Networking“ geht, hatten die durch Videokonferenzen geprägten zwei Corona-Jahre Schattenseiten. Denn gerade für Promovierende ist der wissenschaftliche Austausch von Angesicht zu Angesicht wertvoll, wie das 10. Interdisziplinäre Promovierenden-Kolloquium der THM gezeigt hat.
Das Kolloquium dient dem akademischen Austausch, der fachlichen Diskussion und dem ersten öffentlichen Präsentieren des eigenen Forschungsthemas. Vor knapp 60 interessierten Professorinnen und Professoren, Mitarbeitenden, andere Promovenden und Vizepräsident Prof. Jochen Frey als Gastgeber präsentierten vier Promovierende das Thema ihrer Doktorarbeit und erste Ergebnisse ihrer Forschung. Deutlich wurde so das breite Themenspektrum der Hochschule. „Promotionen an der THM sind ein Erfolgsmodell“, sagte Frey: Rund 120 Promovierende würden meist kooperativ mit Universitäten, aber auch am Promotionszentrum für Ingenieurwissenschaften oder an jenem der Fachrichtung Life Science Engineering an ihren Doktorarbeiten arbeiten.
Den Auftakt machte Martin Baumgärtner, der in Köln als Data Scientist arbeitet. Der Wirtschaftswissenschaftler promoviert über „Geldpolitische Exit-Strategien“ und die Frage, wie Kommunikation – etwa die Reden von EZB-Präsidentin Christine Lagarde – Entscheidungen und Handlungen im Markt beeinflusst. Teil seiner Arbeit ist die Beantwortung der Fragestellung, wie Text als Datenpunkte erfasst werden kann. Ansatzpunkte sieht er im Digitalen Alltag – etwa bei Suchergebnissen von Google.
Carolin Lappöhn, die am Promotionszentrum für Ingenieurswissenschaften den Doktor-Grad anstrebt, sprach über die Entwicklung einer Plattformtechnologie zur Herstellung antimikrobieller Peptide. Diese können als Antibiotika-Ersatz dienen, man benötigt dafür aber neben Quantität und Qualität auch die gebotene Reinheit. Mit Aufreinigungsprozessen hatte sie sich bereits in ihrem Studium der pharmazeutischen Biotechnologie an der HAW Hamburg und der Hochschule Biberach befasst. Seit Mai 2019 promoviert sie bei Prof. Michael Wolff und Prof. Peter Czermak – und ist zudem im Programm „Mentoring Hessen“ Vorbild und Begleiterin für andere junge Frauen mit Promotionswunsch.
Gleiches gilt für die Architektin Lisa Kaufmann, die zur „Urbanen Nachverdichtung“ promoviert. Ihren Fokus legt sie dabei auf die Zeilenbausiedlungen der 1950er- bis 1970er-Jahre. „Gerade in Zeiten der Wohnungsknappheit, während Corona und Inflation, ist ihre Bedeutung unbestreitbar“, zeigte sie sich überzeugt. Neben architektonischen und städtebaulichen Aspekten müsse Nachverdichtung auch sozial, ökonomisch und ökologisch gedacht werden.
Auf Englisch referierte schließlich Rahul Yavas über die Einsatzmöglichkeiten von Terahertz-Detektoren auf Basis des elektrischen Widerstands. Die Terahertzstrahlung (THz) gehört zum elektromagnetischem Spektrum, für sie wurden in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Anwendungen entwickelt – der Körperscanner am Flughafen dürfte zu den geläufigsten gehören. Doch auch Moleküle und andere Substanzen haben charakteristische „Fingerabdrücke“ im THz-Spektrum. Yavas, der in Indien, Spanien und Deutschland studiert hat, machte die Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten deutlich.
Den kurzweiligen Vorträgen schlossen sich jeweils von der Marburger Slam-Poetin Dominique Macri moderierte Frage- und Antwortrunden an. Dabei mussten sich die vier Promovierenden auch Fachfragen interessierter Lehrender stellen – eine Situation, der sie sich spätestens in der Disputation, aber etwa auch auf Konferenzen stellen müssen. Deutlich entspannter dann der Abschluss: Frey lud alle Beteiligten zu einem ungezwungenen Get-Together ein, um im lockeren Gespräch Themen weiter zu vertiefen und sich auszutauschen – endlich wieder in Präsenz.
Quelle: THM Pressestelle, Gießen, 31. Oktober 2022