Zwei Jahre Pandemiebetrieb an der THM – das hieß auch für die studentische Arbeitsgruppe M.A.M.U.T. Robotics zwei Jahre eingeschränkter und zeitweise gar kein Zugang zum eigenen Laborraum, keine Robotik-Wettbewerbe und keine Möglichkeit zu Exkursionen. Umso größer war die Freude, dass nach der allgemeinen Entspannung der Corona-Lage 2022 wieder der Eurobot stattfindet; ein europaweiter Wettbewerb, in welchem studentische Gruppen aus internationalen Hochschulen mit einem oder zwei selbst entwickelten mobilen Robotern gegeneinander antreten und in welchem die M.A.M.U.T.-Gruppe traditionell die THM vertreten hat. Da erst mit Beginn des aktuellen Sommersemesters wieder ein regulärer Laborbetrieb möglich war, konnte die Gruppe allerdings nur mit wenig Vorlaufzeit die Vorbereitungen beginnen, um die selbstgebaute mobile Roboterplattform weiterzuentwickeln und so an die neuen Spielregeln anzupassen. Mitten in der Vorbereitungsphase erreichte das Team dann die Nachricht, dass aufgrund der zumindest temporären Inaktivität bei vielen anderen Teams kein vorgeschalteter Deutschlandentscheid stattfinden würde, so dass die M.A.M.U.T.s stattdessen direkt zur europaweiten Endrunde in Frankreich qualifiziert waren.
Und so, nach mehrwöchigen intensiven Entwicklungsarbeiten, machten sich am 25. Mai 2022 um 4 Uhr in der Frühe acht Studierende der M.A.M.U.T.-Gruppe zusammen mit dem Gruppenbetreuer Prof. Dr. Thomas Glotzbach und Laboringenieur Dipl.-Ing. (FH) Klaus Pechan vom Fachbereich Elektro- und Informationstechnik auf eine 15-stündige Autofahrt nach La Roche-sur-Yon in der Region Pays de la Loire nahe der französischen Atlantikküste. Die Exkursion war vom Pandemiestab der THM genehmigt worden und wurde von der THM auf vielfache Weise, unter anderem vom International Office und dem Fachbereich EI finanziell unterstützt. „Ich habe die Betreuung der M.A.M.U.T.-Gruppe mit meinem Dienstantritt an der THM im September 2019 übernommen und wegen der Corona-Situation bisher noch nie an einem Eurobot-Wettbewerb teilnehmen können“, sagt Prof. Glotzbach. „Deswegen war ich sehr gespannt darauf, mit den Studierenden zusammen anzutreten und neue Erfahrungen zu sammeln“. Noch am Abend des Ankommens machten sich die Studierenden daran, am Veranstaltungsort den Roboter und das entwickelte Zusatzequipment aufzubauen, in Betrieb zu nehmen und letzte Fehler auszumerzen. Ein wichtiges Ziel war das Bestehen der Homologation, bei welcher die prinzipielle Funktionalität des Roboters nach den aktuellen Regeln vor den vom Veranstalter gestellten Schiedsrichtern nachzuweisen ist. Dies gelang dann am nächsten Morgen, so dass der Teilnahme an den kommenden Matches nichts mehr im Weg stand.
Der Eurobot ist ein von der französischen gemeinnützigen Organisation Planète Sciences seit 1998 jährlich organisierte internationale Veranstaltung, welche aktuell als „Coupe de France de robotique“ zusammen mit einem rein französischen Robotikwettbewerb und einem speziell für Schüler ausgelegten Juniorcup dreigleisig ausgetragen wird. Wer bei „Robotikwettkampf“ vielleicht an die aus dem deutschen Fernsehen bekannten „Robot Wars“ denkt, bei denen zwei ferngesteuerte Roboter mit verschiedenen Waffensystemen sich gegenseitig beschädigen oder sogar zerstören müssen, liegt aber falsch: Beim Eurobot geht es darum, jährlich wechselnde Aufgaben zu meistern, wie beispielweise das Einsammeln und Umplatzieren verschiedener Objekte auf dem Spielfeld, das Umklappen von Tafeln oder das Erkennen von Situationen (wie etwa die auf einem „Glücksrad“ zufällig erdrehte Farbe, welche dann angibt, an welcher Stelle des Spielfeldes der Roboter nach Ende der vorgegebenen Wettkampfzeit stehen muss). All das muss völlig autonom geschehen – nach dem Start der Spielzeit von 100 Sekunden darf kein menschlicher Bediener mehr eingreifen. Für jede erfolgreich gemeisterte Aufgabe gibt es Punkte; das Team mit den meisten Punkten gewinnt. Dabei ist sogar gefordert, den oder die gegnerischen Roboter zu erkennen, ihnen aus dem Weg zu gehen und sie keinesfalls zu rammen – dafür gibt es Minuspunkte. Um überhaupt zu den Matches zugelassen zu werden, muss man nachweisen, dass man in der Lage ist, andere Roboter mittels Sensoren zu erkennen und vor ihnen stehenzubleiben – das geschieht in der bereits erwähnten Homologation.
Der Wettbewerb stand im Jahr 2022 unter dem Motto „Age of Bots“ und war an eine archäologische Ausgrabung angelehnt. Zu den Aufgaben gehörte es, eine am Spielfeldrand platzierte Statue aufzunehmen und durch eine andere zu ersetzen, die der Roboter zuvor mitgeführt hatte. Die aufgenommene Statue musste auf einem beleuchteten Display an einer anderen Stelle des Spielfeldes abgestellt werden. Außerdem konnte man Punkte durch das Einsammeln und Sortieren von Quadern mit achteckiger Grundfläche sammeln. Besonderes Geschickt erforderte es, von den am Spielfeldrand beweglich angebrachten Klappen nur diejenigen umzuklappen, welche dem eigenen Team zugeordnet waren; dies konnte man durch Messung eines auf den Klappen angebrachten Widerstandes erkennen.
Nach der langen Zwangspause lief beim M.A.M.U.T.-Team nicht alles perfekt. Aber die Studierenden arbeiteten hart und teilweise bis spät in die Nacht daran, auftretende Schwierigkeiten vor Ort mit dem mitgeführten Equipment und natürlich den im Studium bereits erworbenen Fähigkeiten zu beseitigen. Unterm Strich steht die Teilnahme an allen terminierten Matches, das Erzielen vieler Punkte und das Erwerben vieler neuer Erfahrungen in kurzfristigen Problemlösungen und der Kooperation mit den Teammitgliedern; Erfahrungen, die in dieser Form im Lehralltag an einer Hochschule nicht in dieser Tiefe gemacht werden können. „Die Teilnahme hat sowohl den Studierenden als auch den Betreuern wieder einmal die Wichtigkeit einer fundierten praxisnahen Ausbildung in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen vor Augen geführt, um für die Herausforderungen im späteren Berufsleben gewappnet zu sein, wie wir sie in unserem Fachbereich durch viele Laborpraktika anstreben“, sagt Klaus Pechan, der als Laboringenieur solche Praktika betreut und einigen Gruppenmitgliedern selbst schon diese wichtigen Grundlagen vermittelt hat.
Neben den technischen Bemühungen stand auch der Austausch mit den anderen Teams aus vielen europäischen Ländern im Fokus. Durch Gespräche, gegenseitige Hilfestellungen und ein vom Veranstalter organisiertes Barbecue im Laufe des Wettbewerbes ergaben sich viele Möglichkeiten zum Austauschen und Vernetzen. So trat die Gruppe nach vier intensiven und arbeitsreichen Wettbewerbstagen wieder die Heimreise nach Gießen an, im Gepäck viele neue Eindrücke, Erfahrungen und neue Herausforderungen. Benjamin Jähnert, der studentische Leiter der Gruppe, bringt es auf den Punkt: „Die intensive Zusammenarbeit beim Wettbewerb, aber auch in den Wochen zuvor, hat zu einem unglaublichen Gruppenspirit geführt. Dies war gerade nach der schwierigen Corona Zeit sehr wichtig. Wir haben jetzt viele neue Ansatzpunkte, an denen wir weiterarbeiten können, und freuen uns darauf, dies in den kommenden Wochen gemeinsam anzugehen, denn das Ziel ist klar: Auch nächstes Jahr die THM wieder auf dem Eurobot zu vertreten“.

Ein Bericht der THM Pressestelle zum Eurobot 2022 ist auf der THM-Website unter der Überschrift "Motivationsschub durch Wettbewerb" zu finden.