Gemeinsame Exkursion nach Montenegro
In der letzten Septemberwoche 2023 konnten 8 Studierende der THM tolle Erfahrungen sammeln: Im Rahmen einer Exkursion, die von den Fachbereichen Elektro- und Informationstechnik (FB EI) sowie Maschinenbau und Energietechnik (FB ME) gemeinsam organisiert wurde, besuchten Sie zusammen mit einem Team aus Professoren und Mitarbeiten den Workshop „Breaking the Surface (BtS) 2023“. Diese Veranstaltung, die jährlich von der Universität Zagreb organisiert wird, bringt sowohl Entwickler im Bereich der nautischen Systeme und maritimen Robotik, aber auch deren Anwender aus Bereichen wie Meereswissenschaften und Unterwasserarchäologie zusammen. Während der einwöchigen Veranstaltung werden halbtags Vorträge von internationalen Experten gehalten, wohingegen die andere Tageshälfte für Demonstrationen, Hand-Ons und Tutorials reserviert ist. In diesem Jahr fand der Workshop vom 24. September bis 1. Oktober in Kumbor, Montenegro statt.
Prof. Thomas Glotzbach (FB EI), der seit fast 20 Jahren im Bereich der maritimen Robotik forscht und die Veranstaltung schon zum 13ten Mal besuchte, hatte bereits im vergangenen Jahr eine studentische Exkursion dorthin organisiert (Exkursion Breaking the Surface 2022). „Damals waren alle Mitreisenden begeistert, sodass wir beschlossen hatten, unbedingt wieder zu kommen – und idealerweise selbst ein Tutorial oder eine Demonstration zu organisieren, um die Sichtbarkeit der THM in diesem Feld zu stärken“, sagt Glotzbach.
Tatsächlich wurde dann auch ein Vorschlag für eine entsprechende Demonstration ins Programm der BtS aufgenommen: In Zusammenarbeit mit Prof. Dirk Meyer (FB ME) und Laboringenieur*innen betreute Prof. Glotzbach die Bachelorarbeit von Martin Wiegand, der Elektro- und Informationstechnik mit dem Schwerpunkt Automatisierungstechnik und Robotik am FB EI studiert. Seine Aufgabe bestand darin, einen kleinen maritimen Oberflächenroboter mit autonomen Fähigkeiten zu entwickeln, der kostengünstig zu vervielfältigen und zukünftig an der THM im Rahmen der Lehre eingesetzt werden soll. Nach intensiven Tests am Dutenhofener See in Gießen (Maritime Robotik Seeversuche - Kooperation der FB EI und ME) und im Rahmen einer Exkursion zu Kooperationspartnern in Genua (Exkursion Genua - Erfahrungsaustausch maritime Robotik), konnte der Student seinen Roboter nun der Feuerprobe unterziehen. Der Roboter sollte sich autonom bewegen, ein durch einen Bauscheinwerfer am Ufer simuliertes Feuer mit geeigneter Sensorik erkennen und mit einer Wasserspritze Löschwasser in dessen Richtung spritzen. Tatsächlich konnte Herr Wiegand all diese Aufgaben mit seinem Roboter umsetzen – ein toller Erfolg zum Abschluss seines Bachelorstudiums, für welchen er von den internationalen Zuschauern viel Anerkennung bekam.
Da bei der Nutzung eines autonomen Roboters der Einsatz eines Bootes immer hilfreich ist, trug Prof. Meyer mit einem weiteren Programmpunkt zur gemeinsamen Demonstration beider Fachbereiche bei: Der Fachbereich ME hatte ein neuartiges Prototypenboot entwickelt, bei dem statt eines herkömmlichen V-Rumpfes ein M-Rumpf zum Einsatz kommt. Das Ziel bestand darin, weniger Leistung für den Übergang in die Gleitfahrt zu benötigen, da das Boot idealerweise nur auf den beiden äußeren Kufen gleitet. Außerdem sollte der Rollwinkel bei Schwerpunktsverlagerung und Kurvenfahrt verringert werden, was zu einem höheren Fahrkomfort beiträgt. Schließlich galt es, eine bessere Dämpfung beim Queren von Wellen zu erreichen. Das Boot wurde komplett von einer Laboringenieuerin und Studierenden des Fachbereichs ME entwickelt und gebaut. Nun wurde es in Montenegro den ersten fahrdynamischen Analysen unterzogen und mit Hilfe eines 2-Antennen-GPS-Datenloggers physikalische Eigenschaften aufgezeichnet. Auch das Boot konnte alle Erwartungen erfüllen und begeisterte das internationale Fachpublikum, insbesondere die Schiffsbauingenieure. „Der Workshop bot uns die idealen Voraussetzungen, intensive Forschungsaktivitäten am Boot vorzunehmen und gleichzeitig die Fähigkeiten der THM auf diesem Gebiet vor einem interessierten und großen Publikum darzustellen“ fasst Prof. Meyer die Ergebnisse der Demonstration mit dem Titel „Hull performance/dynamics and control of boats and marine robots“ zusammen.
Neben den intensiven Forschungsaktivitäten und Vorbereitungen der gemeinsamen Demonstration stellte sich das Team der THM einer weiteren Herausforderung: Wie schon im vergangenen Jahr nahm man wieder an einer speziellen „Underwater Localization Challenge“ teil. Dieses Jahr wurde dazu ein hydroakustischer Transponder an unbekannter Stelle in einem etwa 1,5 Kilometer langen Küstenstreifen versenkt. Die fünf teilnehmenden Teams erhielten ein Unterwassermodem, mit dem Entfernungsmessungen zum Transponder durchgeführt werden konnten, einen GPS-Empfänger sowie einen 30minütigen Zugang zu einem Boot. Die Aufgabe bestand darin, möglichst schnell eine erste Positionsschätzung des Transponders abzugeben, wobei die Zeit bewertet wurde. Im Anschluss konnten weitere Messungen vorgenommen werden, um dann, nach einer etwa eintägigen Bearbeitungszeit, eine genauere Positionsschätzung inklusive der Tiefe abzugeben. Die verwenden Methoden mussten im Rahmen einer kurzen Präsentation vorgeführt werden, wobei der präziseste und innovativste Ansatz ebenfalls bewertet wurde. Dem Team der THM gelang es dabei, wie im Vorjahr den zweiten Platz hinter der Universität Rostock zu belegen.
Neben all den wissenschaftlichen und technischen Inhalten konnten besonders die Studierenden im Austausch mit den anderen Teilnehmern ihre kulturellen Horizonte erweitern. Über 200 Personen aus 23 Ländern waren zu der Veranstaltung angereist. Für die Studierenden der THM besteht die Möglichkeit, sich die Teilnahme an dem Workshop im Rahmen eines Wahlpflichtmodules mit zwei CrP anrechnen zu lassen. Prof. Cathrin Schröder, die als Studiendekanin des Fachbereichs EI aus diesem Grund an der Exkursion teilnahm, hebt die besondere Bedeutung für die Ausbildung der Studierenden hervor: „Social Skills sind für die Studierenden am späteren Arbeitsmarkt von enormer Bedeutung und die Teilnahme an solchen Veranstaltungen bietet hervorragende Möglichkeiten, sich hierin zu verbessern und nebenbei die Englisch-Fertigkeiten zu verbessern.“ Wie die anderen Mitarbeiter der THM war auch sie besonders von der engen Kooperation zwischen den Studierenden aus drei verschieden Studiengängen (Maschinenbau, Elektro- und Informationstechnik, Bioinformatik) begeistert, die sich gegenseitig bei den beschriebenen Forschungsaktivitäten, den Vorbereitungen zur Demonstration und der Challenge unterstützten und dabei auch Erfahrungen über die eigenen Fachgrenzen hinaus sammeln konnten.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Erlebnisse wird nun über die Gründung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Fachbereiche EI und ME nachgedacht, um die vorhandenen Expertisen zu bündeln, weitere Erfolge zu erzielen und die Studierenden für ein Engagement zu motivieren.
Für die Unterstützung der Exkursion bedanken sich alle Teilnehmenden besonders bei der Hochschulleitung der THM. Ebenso geht großer Dank für die Unterstützung bei den zu erledigenden Zollformalitäten zur Aus- und Wiedereinfuhr der benötigten Gegenstände aus der EU nach Montenegro an die Hochschulleitung, die IHK Gießen und das Zollamt in Wetzlar.