Der Schwerpunkt unserer Forschung liegt derzeit auf der Untersuchung von Wasserfahrzeugen und deren Komponenten. Dazu gehören unterschiedliche Rumpfgeometrien, Außenborder, Propeller, Jets und auch die entsprechende Messtechnik. Besonders wichtig ist und hierbei die Kombination aus theoretischen Überlegungen, Simulationen und praktischen Untersuchungen.
Da eine Forschungsgruppe zum Thema Wasserfahrzeuge an der Technischen Hochschule Mittelhessen noch neu war, diente die erste Projektphase der Erschließung der Forschungsschwerpunkte und ersten theoretischen und praktischen Versuchen zur Propellergeometrie und Positionierung von Außenbordmotoren. Darauf aufbauend wurde die Geometrie unseres Forschungsboots, konkret der Rumpfwinkel, verändert und der Einfluss dieser Modifikation auf die Fahreigenschaften genau untersucht.
Nach dem erfolgreichen Abschluss dieser Phase nutzen wir diese Ergebnisse und Anforderungen nun dazu, selbst ein Forschungsboot zu konstruieren, zu fertigen und zu testen.
Nachfolgend sind die abgeschlossenen und aktuellen Forschungsarbeiten beschrieben. Weiterführende Informationen - insbesondere Videos zu einzelnen Projekten - sind auch im Bereich Multimedia zu finden. Besteht besonderes Interesse an einem dieser oder weiteren Themen, stellen wir nach Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! gerne weitere Infos und Ergebnisse zur Verfügung.
Rumpfmodifikation
Der Rumpfwinkel, die „V-Förmigkeit“, bestimmt in hohem Maße die Fahreigenschaften eines Sportmotorbootes. Ist der Rumpf flach, also bei einem kleinen Rumpfwinkel, können hohe Geschwindigkeiten in der Geradeausfahrt erzielt werden. Man spricht hierbei von einem sogenannten „Flat Bottom Hull“. Ist ein größerer Rumpfwinkel vorhanden, können höhere Stabilitäten in der Geradeausfahrt und bedeutend höhere Geschwindigkeiten auch in scharfen Kurven erreicht werden. Diese Rumpfform wird als „Deep V Hull“ bezeichnet.
Vor diesem Hintergrund haben sich drei Masterstudenten damit beschäftigt, den Rumpfwinkel unseres Forschungsbootes – des Smartliners – zu erhöhen und so einen Deep V zu realisieren. Hierbei sollte ein struktureller Eingriff in das Aluminiumboot möglichst vermieden werden, weshalb der Zusatzrumpf mit dem Smartliner verklebt wurde. Dieser ist im oberen Bild in rot zu sehen. Die Grundstruktur besteht hierbei, angelehnt an den Flugzeugbau, aus einer Multiplex-Holzspanten-Konstruktion. Um Gewicht einzusparen, wurde sich für eine GFK- Außenhaut des additiven Rumpfes entschieden. Um eine stabile Verbindung zwischen Additivrumpf und Sportboot sicherzustellen, wurden acht Metallplatten auf den Rumpf des Smartliners geklebt, auf denen je eine Mutter aufgeschweißt wurde. Dadurch konnten Bohrungen im Forschungsboot oder sehr komplexe Verbindungskonzepte vermieden und der additive Rumpf einfach angeschraubt werden.
Dieses Projekt zeichnet sich durch verschiedene Themengebiete, Untersuchungen und Praxisversuche aus:
- Klebstoffuntersuchung mittels Zugversuche
- Untersuchung der Verbindungskonzepte
- Konstruktive Umsetzung des Vorhabens im CAD
- GFK- Laminierung
- Fahrversuche
- Messtechnische Untersuchung des Fahrverhaltens
In der Praxis zeichnete sich eine stabilere Geradeausfahrt ab. Durch die Erhöhung des Schwerpunktes in Vertikalrichtung und dem zusätzlichen Auftrieb, ist jedoch die Kurvenfahrt instabiler. Hierzu werden aktuell zusätzliche Chins, also Geometrien links und rechts neben dem Zusatzrumpf, entwickelt, um ein zu starkes Rollen des Bootes zu verhindern. Dadurch soll ein erheblicher Beitrag zur Fahrstabilität erzielt werden.
Hast du Lust deine Idee vom Zeichenblatt bis zum Fahrversuch umzusetzen? Dann melde dich bei uns! Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Spray Rails
Spray Rails sind neben der Wahl und Ausrichtung des Motors und des Propellers ein elementarer Bestandteil, um die fahrdynamischen Eigenschaften eines Bootes zu beeinflussen.
Um den Einfluss der Spray Rails in Bezug auf ihre Formgebung genauer zu untersuchen, wurden mit Hilfe von technischem Ton, dem sogenannten Clay, unterschiedliche Rail- bzw. Finnengeometrien am bestehenden Bootsrumpf modelliert. Der technische Ton hat dabei den entscheidenden Vorteil, dass man ihn direkt am Boot mit den Händen formen kann, ohne zuvor ein computergestütztes Modell aufbauen zu müssen. Durch die händische Bearbeitung ist dabei eine sehr hohe Design- und Modellierfreiheit gegeben.
Nachdem die Clay-Modelle fertig geformt waren, konnten diese mit einem 3D-Scanner digitalisiert und zur weiteren Nachbearbeitung in ein CAD-System überführt werden. Durch die Kombination der händischen und digitalen Bearbeitung konnten somit die Vorteile beider Vorgehensweisen ergänzend genutzt werden.
Mit den aufbereiteten Modellen ist es nun möglich, im ersten Teil eine strömungstechnische Analyse aufzubauen, womit die Formgebung weiter optimiert werden kann. Im zweiten Teil steht dann nach der Berechnung die Fertigung von Finnen-Prototypen und deren Evaluierung im realen Einsatz am Bootsrumpf an.
Pfahlzugversuch
Der Pfahlzugversuch - auch Schubversuch genannt - dient der Ermittlung der Pfahlzugkraft eines Motorbootes. Diese ist abhängig von der Propellergeometrie und der Motordrehzahl.
Die Pfahlzugkraft beschreibt dabei die Zugkraft des Antriebs, während sich der Rumpf in Ruhelage befindet.
Zur Messung der Pfahlzugkraft muss das Boot deshalb mit einer möglichst langen Schleppleine sicher an einem festen Punkt landseitig angebunden werden. In diese Schleppleine wird eine Messeinrichtung integriert - in unserem Fall DMS-basierte Kraftmessdosen - deren Signale wir aufzeichnen und auswerten können.
Um die Zugkraft in Abhängigkeit von der Motor- beziehungsweise der Propellerdrehzahl darstellen zu können, muss parallel ein Drehzahlsignal aufgezeichnet werden. Üblicherweise lässt sich das Motordrehzahlsignal vom Drehzahlsensor der Motorsteuerung direkt abgreifen.
Die so gewonnenen Ergebnisse erlauben es uns, qualitative Aussagen über den Einfluss von Propellerdurchmesser und -steigung auf die Zugkraft des Motorboots zu treffen.