Gruppenbild vor dem Modell einer Magnetspule für den W7-X Ganz in Zeichen der Kernkraft stand eine Exkursion im Rahmen der Physik III - Veranstaltung bei Prof. Joachim Breckow. Für 42 Studierende der Biomedizinischen Technik (BMT) und der Medizinischen Physik und Strahlenschutz (MPS) ging es Anfang April für eine zweitägigen Exkursion nach Greifswald. Auf dem Programm stand neben dem Besuch des Teilinstitut des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik und dessen Fusionsreaktor Wendelstein 7-X (W7-X) auch die Besichtigung der Kernkrafttechnische Anlage Lubmin, die sich seit Juni 1995 durch die Entsorgungswerke für Nuklearanlagen GmbH (EWN) im Rückbau befindet.

Als saubere Alternative zur bislang genutzten Kernspaltung als Energiequelle wird schon seit Mitte des letzten Jahrhunderts an der Energiegewinnung aus Kernfusion geforscht. Es existieren zwei Kraftwerkstypen. Der seit 2015 in Betrieb befindliche Wendelstein 7-X (W7-X) in Greifswald ist die weltweit größte Fusionsanlage vom Typ Stellarator. Der W7-X soll die Kraftwerkstauglichkeit dieses Bautyps demonstrieren. Das technische Kernstück der Anlage bildet ein System aus 50 speziell geformten, supraleitenden Magnetspulen, die das Magnetfeld erzeugen. Qualität von Plasmagleichgewicht und -einschluss soll vergleichbar sein mit der in einem Tokamak gleicher Größe. Während Fusionsanlagen vom Typ Tokamak momentan noch leistungsfähiger sind als Kraftwerke vom Typ Stellarator, ist Letzerer durch seine Bauart für den Dauerbetrieb geeignet, während Tokamaks nur gepulst betrieben werden können.

Die Studierenden erhielten im Rahmen einer Führung einen Einblick in die Herausforderungen, die die hohen Temperaturunterschiede an die Konstruktion und die Baustoffe eines Fusionsreaktors stellt. Insbesondere die Konstruktion der fünf Spulensegmente nach millimetergenauer Vorgabe gilt als ingenieurstechnisches Meisterwerk und konnte an einem Modell bewundert werden.
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Zum Abschluss der Exkursion besuchten alle Studenten das ehemalige Kernkraftwerk Lubmin. Vor Ort wurden die Studenten nach einem kurzen Vortrag über das Kraftwerk und insbesondere den Rückbau, durch den Block 6 des Kraftwerks geführt. Dieser stand 1990 kurz vor der Fertigstellung, als der Beschluss gefasst wurde, die gesamte Anlage stillzulegen. Er enthielt nie Kernbrennstoff und gab den Studenten die Gelegenheit, ein Kraftwerk russischer Bauart zu besichtigen sowie Informationen zur Demontage eines Kernkraftwerksblock zu erhalten. Darüber hinaus gab das Informationszentrum anhand von Modellen und Originalbauteilen zusätzliche Einblicke zu Themen wie Kernenergie, Rückbau, Endlagerung und Strahlenschutz. Der Rückbau der Anlage und der Abriss bis 2028 ist allerdings beschlossen und entsprechend wird es auch nicht mehr lange möglich sein, die Anlage zu besichtigen.

Nach diesem Ausflug in die Zukunft und in die Vergangenheit der Nutzung der Kernkraft ging es für die Studierende nach zwei Tagen voller Eindrücke zurück nach Gießen.