Dosis-Wirkungszusammenhang
Auf der Grundlage molekular- und zellbiologischer Untersuchungen sind zahlreiche Effekte bekannt, die durch Strahlung verursacht werden können. Viele dieser Effekte sind eine Folge strahlungsverursachter Veränderungen der DNA (z.B. DNA-Doppelstrangbrüche). In der Folge dieses (primären) Strahlenschadens kann es dann zu einer Vielzahl von molekularen und zellulären Folgeprozessen kommen, die den weiteren Schadensverlauf für die Zelle, den Zellverband oder für den gesamten Organismus bestimmen. Durch Reparaturprozesse versucht die Zelle, einen DNA-Schaden zu reparieren. Gelingt dies nicht (z.B. wegen einer Fehlreparatur), so kann eine Mutation oder eine andere genetische Veränderung die Folge sein (mehr dazu hier).
Oft sind die Mechanismen und die Dosis-Wirkungszusammenhänge dieser molekularen und zellulären Einzeleffekte gut bekannt. Für DNA-Doppelstrangbrüche beispielsweise sind Aussagen bis in einen kleinen Dosisbereich von 1 mSv möglich.
Das Zusammenwirken all dieser Einzeleffekte innerhalb eines Gesamtprozesses, der in einer Krebsentstehung mündet, ist jedoch weit schwieriger zu untersuchen. Die Darstellung eines Dosis-Wirkungszusammenhangs für den Gesamtprozess der Krebsentwicklung ist im Bereich kleiner Dosen mit biologischen Methoden bisher nicht gelungen.
Risikokoeffizient
Auf der Grundlage biologischer Studien kann zwar begründet werden, dass eine Strahlenexposition zu einer Erhöhung des Krebsrisikos führt, nicht aber wie groß dieses Risiko ist. Um die Frage nach der quantitativen Risikoerhöhung durch Strahlung beantworten zu können, ist man auf epidemiologische Studien angewiesen. Epidemiologische Studien erlauben jedoch nur Aussagen zum Strahlenrisiko oberhalb von etwa 50 bis 100 mSv. Will man zu Aussagen im Bereich kleiner Dosen kommen, muss man aus dem Bereich hoher Dosen extrapolieren. Für die Zwecke des Strahlenschutzes wird davon ausgegangen, dass ein linearer Zusammenhang zwischen der effektiven Dosis und dem Krebsrisiko besteht. Die effektive Dosis ist somit ein Maß für das strahlenbedingte Risiko. Die Steigung des Dosis-Risikozusammenhangs wird als Risikokoeffizient bezeichnet und gibt das Risiko pro Dosis an.
Die Auswertung der epidemiologischen Studien ergibt einen Risikokoeffizienten von etwa 5 bis 10 % pro Sv für die Entstehung von Krebs. Das bedeutet, dass in einer Gruppe von 100 Personen, die mit einer (sehr großen!) Dosis von 1 Sv exponiert sind, 5 bis 10 Menschen an strahlenbedingtem Krebs erkranken werden. Ohne Strahlung würden in dieser Gruppe etwa 35 Personen an Krebs erkranken, d.h. die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, beträgt ohne diese zusätzliche Strahlungsbelastung etwa 35% und mit 40 bis 45%.
Dosen im Bereich von 1 Sv kommen glücklicherweise so gut wie nie vor. Üblich sind eher Dosiswerte im Bereich von 1 oder 10 mSv, z.B. durch medizinische Anwendungen. Ist beispielsweise bei einem Patienten eine CT-Untersuchung durchgeführt worden, durch die er mit 10 mSv exponiert worden ist, so steigt sein Risiko, an Krebs zu erkranken, rechnerisch von 35% auf 35,1%. "Rechnerisch" heißt, dass dieses zusätzliche Risiko nie zu beobachten sein wird, sondern lediglich als Durchschnittswert abgeschätzt, also nur „ausgerechnet“ werden kann.