Im Rahmen einer Abschlusspräsentation haben die Studierenden vorgestellt, was hinter der Zertifizierung steckt.Menschenwürde, ökologische Nachhaltigkeit, Solidarität, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung – das sind Werte, auf denen das Konzept der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) aufbaut. Erstmals haben Studierende der THM für zwei regionale Betriebe Gemeinwohlbilanzen erstellt. Was hinter der Zertifizierung steckt, stellten sie bei einer Abschlusspräsentation vor.

Als Alternative zum gegenwärtigen Wirtschaftsverständnis stellt die GWÖ ein innovatives, nachhaltiges Wirtschaftsmodell mit dem Ziel einer ethischen Wirtschaftskultur dar – dabei wird der Erfolg eines Unternehmens darin bemessen, wie sehr es dem Gemeinwohl dient.

In Begleitung von Dr. Armin Wagenknecht, Professor für Wirtschaftsinformatik und Digital Media Systems an der THM, haben die Studentinnen Clara Marie Seip und Cynthia Lanos die Gemeinwohlbilanz für die in Willingen ansässige Upländer Bauernmolkerei erstellt. Als zweites Unternehmen stellte sich der Heizungs-, Sanitär- und Elektrobetrieb Landskron HSE aus dem Edertal zur Verfügung. Dort erstellten Jana Steinmetz, Waddah Rabah und Seyda Tekin Canel die Bilanzierung. „In einer Zeit, in der Unternehmen zunehmend in der Verantwortung stehen, nachhaltig zu arbeiten, hat uns das Projekt einen guten Einblick in die Praxis verschafft“, leitete Steinmetz in das Thema ein.

Erstmals haben THM-Studierende des Studiengangs Digital Media Systems Gemeinwohlbilanzen für zwei regionale Betriebe erstellt.Unterstützt wurden die Studierenden des Studiengangs Digital Media Systems bei dem Pilotprojekt von der GWÖ-Beraterin Gerlinde Lamberty. Sie war es auch, die die Betriebe und Studierenden damals an einen Tisch brachte. Denn: Die Unternehmen seien bereits seit längerem an einer Bilanzierung interessiert gewesen – gefehlt habe jedoch die nötige Zeit, wie Karin Artzt-Steinbrink von der Upländer Bauernmolkerei berichtete.

Über einen Zeitraum von drei Monaten standen die Studierenden im engen Austausch mit den Familienbetrieben. Anhand der sogenannten Gemeinwohl-Matrix bewerteten sie in Diskussionsrunden die Bereiche Lieferanten, Finanzpartner, Mitarbeitende, Kunden sowie das gesellschaftliche Umfeld in Hinblick auf die Werte Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Transparenz und Mitentscheidung. Untersucht und entsprechend bepunktet haben die Studierenden beispielsweise die ökologische Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit in der Zulieferkette.

Ob die GWÖ-Werte in den Unternehmen gelebt werden, bewerteten die Studierenden anhand eines Stufenmodells: Halten sich die Betriebe an gesetzlichen Vorgaben oder arbeitet das Unternehmen überdurchschnittlich gemeinwohlorientiert?

Bei der Reflexion ihrer Projekte waren sich die Studierenden einig: „Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Trend, sondern die Grundlage für ein zukunftsfähiges Unternehmen.“ Die Gemeinwohl-Bilanz rege dazu an, über die allgemeine Verantwortung eines Unternehmens nachzudenken. „Die größte Bedrohung für unseren Planeten ist der Glaube, dass ihn jemand anderes retten wird“ lautete das abschließende Zitat von Polarforscher Robert Swan ihrer Präsentation.

THM-Studentin Seyda Tekin Canel stellt die Ergebnisse des Projekts zur GWÖ-Bilanzierung vor.Doch wieso haben sich die Unternehmen überhaupt für die Gemeinwohlbilanzierung entschieden? „Das Thema geht uns alle etwas an“, sagte André Landskron. Ein weiterer Grund für seine Entscheidung: Das Thema Ausbildung: „Ich finde es gut, wenn man Studierenden die Chance gibt, nah mit dem Unternehmen zu arbeiten.“

Auch Atzt-Steinbrink stimmte zu: „Ich begrüße es sehr, mit Studierenden zusammenzuarbeiten.“ Der Praxiseinblick sei wichtig, um ein Grundverständnis für Nachhaltigkeit zu schaffen, ergänzte Lamberty. Dass diese in allen Bereichen gelebt werden müsse, betonte für die THM auch der fachlich zuständige Vizepräsident Prof. Dirk Metzger: „Nachhaltigkeit funktioniert mit der Hochschule, nicht über die Hochschule.“

Abgeschlossen ist die Zertifizierung von Landskron HSE und der Upländer Bauernmolkerei jedoch noch nicht. Im neuen Semester übernimmt eine weitere Gruppe Studierender die noch fehlenden Kriterien zur Bewertung. Das Ziel: Die Zertifikate für gemeinwohl-bilanzierte Unternehmen.