Der Ostbahnhof Berlin war eines der beiden Pilotprojekte. Foto: THMBrückensperrungen beschäftigen die deutsche Öffentlichkeit seit Jahren. Um unvorhergesehene Schließungen zu vermeiden, hat die Deutsche Bahn bereits 1999 als erster Infrastrukturträger Richtlinien zur Prüfung und Behandlung von Eisenbahnbrücken herausgegeben. Diese Richtlinien sind mittlerweile veraltet. Für eine Aktualisierung hat DB sich unter anderem auf die Expertise von Prof. Dr. Bertram Kühn von der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) verlassen.

Prof. Dr. Martin Mensinger von der Technischen Universität München und Prof. Dr. Andreas Taras von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich unterstützten Kühn bei der Überarbeitung der Richtlinie 805, die sich mit der Tragsicherheit von Eisenbahnbrücken befasst. Für den Stahlbau entwickelte die Gruppe ein kostengünstiges und zerstörungsarmes Verfahren, welches festlegt, wie Brücken zu bewerten, instand zu setzt und zu unterhalten sind. Nach fünf Jahren sind die 18 Richtlinien zur Bewertung von Eisenbahnbrücken nun auch bauaufsichtlich umgesetzt.

Die „Optische Emissionsspektroskopie“ ist vor allem bei sehr alten Stahlbrücken eine große Hilfe. Dazu wird die zu untersuchende Oberfläche in einem Bereich von 10 x 10 cm von Korrosionsschutzschichten und Verunreinigungen befreit. Das Messgerät erzeugt einen elektrischen Lichtbogen, der das Metall auf der Oberfläche verdampft. Die entstehenden Gase werden vom Gerät abgesaugt und sofort auf ihre chemischen Bestandteile analysiert. Die Stahlkonstruktion wird dabei nicht beschädigt. Zwei Pilotprojekte in Berlin – eines am Ostbahnhof und eines an der Siemensbahn – haben bereits die Möglichkeiten des Verfahrens gezeigt. Dabei wurde eng mit dem Ingenieurbüro für Werkstofftechnik IWT-Solutions AG von Prof. Dr. Peter Langenberg zusammengearbeitet.

Kühn beschäftigte sich vor allem mit dem Material und den Bemessungswerten alter Baustähle. Die Herausforderung bestand darin, diese mit modernen Methoden zu identifizieren, da die Bauwerke teilweise über 100 Jahre alt waren und kaum Informationen über sie vorlagen. An der THM waren auch die Doktoranden Natalie Hoyer und Lennart Dürotin aus dem Fachbereich Bauwesen an der Entwicklung beteiligt. Damit leistet die THM einen kleinen Beitrag zur Entlastung unserer Verkehrsinfrastruktur.