Der Betonbau des neuen Hybridturms besteht aus Stahlbetonfertigteilen, die durch Stahlfachwerk verbunden sind.An der Entwicklung eines neuartigen Turms für Windenergieanlagen arbeitet Prof. Dr. Jens Minnert vom Gießener Fachbereich Bauwesen der TH Mittelhessen. Kooperationspartner ist das Oberhessische Spannbetonwerk in Nidda, ein Tochterunternehmen der Firma Lupp. Das Land Hessen fördert das Projekt mit 280.000 Euro.

Die Wirtschaftlichkeit von Windenergieanlagen im Binnenland hängt von ihrer Höhe ab. Der Stromertrag steigt pro Meter um 0,8 Prozent. Bauten von 100 Metern und mehr haben sich deshalb durchgesetzt. Freitragende Stahlrohrtürme waren in der Vergangenheit Standard. Man kann sie allerdings nicht beliebig aufstocken. Denn auf der Straße können nur Rohre mit maximal vier Metern Durchmesser transportiert werden, was die Tragfähigkeit des gesamten Turms begrenzt. Betonkonstruktionen aus Fertigbauteilen sind eine kostengünstige Alternative. Mit ihnen lassen sich ohne Transportprobleme sehr hohe Türme bauen.

In letzter Zeit kommen vermehrt Hybridtürme zum Einsatz. Dabei wird auf einen Betonbau ein Stahlrohrturm aufgesetzt. Minnert sieht bei den aktuellen Modellen allerdings noch Schwachstellen. Der Materialbedarf könne verringert und die Verbindung der Betonfertigteile untereinander verbessert werden.

Beides wollen die Projektpartner durch den Einsatz von Stahlfachwerk erreichen. Die Eckelemente des Betonturms bestehen aus Stahlbetonfertigteilen, die sich mit einer einzigen Schalungsform günstig serienmäßig herstellen lassen. Die Elemente zwischen den Ecken, die bei der ursprünglichen Variante aus konisch nach oben schmaler werdenden Betonteilen bestanden, werden durch ein Stahlfachwerk ersetzt. „Es dient zur Aussteifung des Turms und zur Verbindung der Eckelemente. Zwischen den einzelnen Turmstücken wird jeweils ein horizontaler Stahlring zur Stabilisierung und Verbindung angebracht. Er erleichtert die Montage der darüber liegenden Turmsegmente erheblich, da Herstellungstoleranzen leichter ausgeglichen werden können. Außerdem leistet er einen entscheidenden Beitrag zur Stabilität des Turms“, erläutert Minnert. Der Abstand der Eckelemente lasse sich je nach gewünschter Turmhöhe beliebig variieren. Den oberen Abschluss bildet wie in der Ursprungskonstruktion ein vorgefertigter Stahlrohrturm, dessen Höhe ebenfalls flexibel ist.

„Die Problematik der Herstellungstoleranzen und Ermüdungsbeanspruchungen der Betonfugen wird durch das neue Prinzip minimiert. Mit der Entwicklung dieses Hybridturms wird ein weiteres Anwendungsfeld von Verbundbauteilen aus Stahl und Beton erschlossen“, so Minnert. Der neue Hybridturm ist zum Patent angemeldet.

Die alternative Konstruktionsart führe zu einer erheblichen Material- und Arbeitsersparnis. Nach Abschluss der Entwicklung ist eine Typenprüfung durch ein Prüfamt für Baustatik vorgesehen. Sie soll dafür sorgen, dass der Turm an unterschiedlichen Stellen gebaut werden kann, ohne jeweils ein Genehmigungsverfahren zu durchlaufen.

Das zweijährige Forschungsvorhaben hat ein Gesamtvolumen von 560.000 Euro. Es wird im Rahmen der Förderlinie 3 der hessischen „Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz“ (LOEWE) unterstützt. Damit bezuschusst die Landesregierung Projekte, bei denen Hochschulen mit kleinen und mittleren hessischen Unternehmen zusammenarbeiten.

Gießen, 15. April 2013