In der physikalischen Grundlagenforschung werden Teilchenbeschleuniger eingesetzt, um Wechselwirkungen im Mikrokosmos zu erforschen und kleinste Strukturen der Materie zu untersuchen. Die Medizin und Industrie profitieren von Erkenntnissen, die in Beschleunigungsanlagen für energetisch hochaufgeladene Elektronen oder Ionen gewonnen werden.
Mit dem Deutschen Elektronen-Synchroton (DESY) in Hamburg, einem der weltweit führenden Zentren auf diesem Gebiet, kooperiert eine Forschungsgruppe der Technischen Hochschule Mittelhessen im Rahmen des Verbundprojekts „Ultra Low Charge Bunch Arrival-time Monitor“. Das Vorhaben, an dem auch die Technische Universität Darmstadt und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt sind, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Koordinator des Verbundprojektes ist Prof. Dr. Andreas Penirschke der sich am Fachbereich Informationstechnik – Elektrotechnik – Mechatronik der THM in Friedberg auf die Hochfrequenztechnik konzentriert. Der Ingenieurwissenschaftler hat sich bereits in früheren Forschungsprojekten und Publikationen mit der Entwicklung von Sensoren für die Beschleunigertechnik befasst, die annähernd Lichtgeschwindigkeit erfassen können.
Solche Messinstrumente, die schon in Beschleunigeranlagen zum Einsatz kommen, müssen Elektronenbewegungen im Bereich von Femtosekunden (fs) aufnehmen. Diese Zeiteinheit, die weit außerhalb des menschlichen Wahrnehmungsvermögens liegt, ist das Billiardstel einer Sekunde. Bei der Entwicklung von Geräten, sogenannten Ankunftszeitmonitoren, die eine solch feine Messung leisten können, setzt man auf eine Kombination aus sehr breitbandigen Hochfrequenzsensoren und optischen Systemen unter Verwendung von kurz gepulstem Laserlicht. Der geladene Teilchenstrahl erzeugt ein elektromagnetisches Feld, das durch einen Hochfrequenz-Signalaufnehmer mit einer Bandbreite von bis zu 100 Gigahertz erfasst wird. Ein neuartiger elektrooptischer Modulator für kurze Laserpulse wird in einem Teilprojekt am KIT entwickelt.
Beim aktuellen Vorhaben geht es dem THM-Team darum, in Kooperation mit DESY und dem KIT ein messtechnisches Instrumentarium zu verbessern, um die Erfassungsleistung bisheriger Systeme deutlich zu übertreffen. Erreicht wurde schon eine Auflösung zwischen 20 und 30 fs bei Teilchenpaketladungen von wenigen Picocoulomb, jetzt strebt man als Zielgröße eine Messgenauigkeit von bis zu 5 fs bei nochmals reduzierter Ladung an. In dieser Zeitspanne legt Licht deutlich weniger als einen Millimeter zurück.
Das BMBF unterstützt die Entwicklungsarbeiten drei Jahre lang im Rahmen des Programms „Erforschung der Materie an Großgeräten“. An die THM fließen dafür Fördermittel in Höhe von rund 450.000 Euro.