Stifter Dr. Wolfgang Lust (2. v.l.) mit den „Karl-Heinz Lust Innovationspreis“-Trägern (v.l.) Renke Hohl, Nils Schäfer, Philipp Petermeier, Ketut Adnyana und Stipendiatin Ilona Leinweber. (Foto: THM)Mit der Übertragbarkeit Künstlicher Intelligenz in wirtschaftliches Handeln beschäftigen sich vier Arbeiten, die mit dem zum zweiten Mal vergebenen „Karl-Heinz Lust Innovationspreis“ der „Stiftung für Forschung, Innovation und Transfer“ der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) ausgezeichnet wurden. Philipp Petermeier, Renke Hohl, Ketut Adnyana und Nils Schäfer erhalten für ihre „sehr gut“ bewerteten Abschlussarbeiten je 1000 Euro.

THM-Präsident Prof. Dr. Matthias Willems dankte der Unternehmerfamilie Lust für die Preisgelder in Gedenken an den 2009 verstorbenen Gründer und Innovator Karl-Heinz Lust. Dieser sei als unternehmerisch erfolgreicher Ingenieur stets Förderer der THM gewesen. Sein Name stehe sinnbildlich für den Schaffensgeist, der heute oftmals fehle – aber gerade durch die jungen Preisträger repräsentiert werde. Auch Gastgeber Dr. Wolfgang Lust stellte die geistige Leistung der Ausgezeichneten in eine Reihe mit dem Schaffen seines Vaters. „Er wäre begeistert gewesen, Ihre Arbeiten zu sehen“, sagte er. Moderator Prof. Heinz Kraus dankte der Volksbank Mittelhessen und dem Rotary Club Wetzlar für ihre Unterstützung.

Die Gutachter stellten als Laudatoren die prämierten Arbeiten und ihre Verfasser kurzweilig vor:

Der Wirtschaftsinformatiker Philipp Petermeier hat sich in seiner Bachelorarbeit mit dem Deep Reinforcement Learning, also der Anwendung von KI, auf dem Intraday-Markt für Strom beschäftigt. Ausgehend von der Grundannahme, dass die Dezentralisierung der Stromproduktion mit ihrer Demokratisierung einhergeht, hat er automatisierte Handelsmodelle entwickelt, welche die gesamtgesellschaftlich günstigste Bereitstellung von Energie ermöglichen sollen. Laudator Prof. Dr. Nicolas Stein vom Fachbereich Mathematik, Naturwissenschaften und Datenverarbeitung der THM in Friedberg hob die besondere Innovationshöhe sowie die exzellente wissenschaftliche Tiefe der Arbeit hervor.

Renke Hohl hat am Fachbereich Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik eine Masterarbeit zur Wachstumsmodellierung von Pflanzen mittels Deep Learning geschrieben. Hintergrund ist die zunehmende Ausbreitung des Jakobs-Kreuzkrauts, das für Nutztiere hochgiftig ist und von Weideflächen händisch entfernt werden muss. Eine vollautonome, maschinelle Entfernung der Pflanzen in einem frühen Wachstumsstadium ist denkbar, scheitert aber unter anderem an unzureichenden Daten, um Erkennungssoftware zu trainieren. Diese aber können in dem Modell von Hohl ebenfalls künstlich erzeugt werden. Prof. Dr. Diethelm Bienhaus unterstrich stellvertretend für Prof. Dr. Eghbal Ghobadi, dass mit dieser Arbeit ein Benchmark im Bereich der bildbasierten Modellierung gesetzt wurde.

Ketut Adnyana, der nach einem Bachelor in Bandung (Indonesien) und zwei Master-Abschlüssen von der TU Dortmund und der TU Darmstadt einen Master of Business Administration der THM Business School erworben hat, beschäftigte sich mit dem „Impact of AI Technology (ChatGPT) in Increasing Programming Efficiency“. Die Arbeit zeigt, dass ChatGPT durch Vereinfachung der Codegenerierung Unterstützung bei der Fehlersuche in Echtzeit und Dokumentation des Codes ein effektives Werkzeug zur Verbesserung der Produktivität und zur Verkürzung der Lernkurve für Programmierer ist. Laudator Prof. Dr. Gerrit Sames hob die sehr hohe Relevanz dieses Themas für sämtliche Maschinenbauunternehmen mit kundenspezifischen Produkten hervor. Als Zeichen der Wertschätzung seiner Leistung war der indonesische Generalkonsul in Frankfurt, Antonius Yudi Triantoro, angereist.

Nils Schäfer schließlich hat eine Masterarbeit am Fachbereich Bauwesen zur „Datengestützten Vordimensionierung: Graph Neuronale Netze in der Stahlbetonbemessung“ vorgelegt – ebenfalls ein Anwendungsfall für KI. Die Vordimensionierung im konstruktiven Ingenieurbau gilt als manueller, erfahrungsbasierter Prozess, der stark von den Fähigkeiten des Ingenieurs abhängt. Schäfer hat ein neuronales Netz trainiert, das mit einer sehr hohen Genauigkeit von mehr als 96 Prozent eingesetzt werden konnte – mit einem extremen Zeitvorteil gegenüber der manuellen Vordimensionierung von Stahlbetontragwerken. Seine Arbeit schließt eine Forschungslücke im Bauwesen. Prof. Dr. Joaquín Diaz lobte die beeindruckende fachliche Tiefe und Qualität der Arbeit.

Zusätzlich vergab die Stiftung zwei Stipendien, die das erste Studienjahr von Ilona Leinweber, Goetheschule Wetzlar, und Josefine Weber, Liebig-Schule Gießen, mit monatlich 500 Euro unterstützen. Neben guten Leistungen überzeugten die Schülerinnen die Jury durch gesellschaftliches Engagement und die in den Bewerbungen deutlich gewordene Leidenschaft für Naturwissenschaften.