Als erstes Mitglied einer Familie ein Studium aufzunehmen, kann eine Hürde sein: Wer bereitet auf den neuen Lebensabschnitt vor? Wer erklärt Fachbegriffe? Wer liest Hausarbeiten gegen? Die Organisation ArbeiterKind.de richtet sich an Studierende aus nichtakademischen Familien. Mit der THM hat sie nun eine Kooperation geschlossen.
„Die THM bietet bereits eine beeindruckende Vielfalt an Unterstützungsangeboten für Studieninteressierte, Erstsemester und Studierende. Diese Zusammenarbeit ergänzt sich hervorragend mit unserem Engagement bei ArbeiterKind.de, und wir freuen uns darauf, gemeinsam noch mehr Studierende aus nichtakademischen Familien auf ihrem Bildungsweg zu unterstützen“, sagte bei der Unterzeichnung Katja Urbatsch, Gründerin und Geschäftsführerin. Sie hob das intrinsische Interesse der Hochschule an ArbeiterKind.de hervor. Prof. Dr. Matthias Willems, Präsident der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) begründete dies auch damit, dass die THM schon immer einen sehr hohen Anteil an Erstakademikerinnen und -akademikern habe: 63,5 Prozent.
Urbatsch, selbst aus einem Nichtakademiker-Haushalt, entwickelte 2008 aus ihrer eigenen Studienerfahrung heraus die Idee zum Internetportal ArbeiterKind.de, aus der sich seither eine ehrenamtliche Beratungs-Organisation entwickelt hat. Bundesweit engagieren sich tausende Ehrenamtliche in 80 lokalen Gruppen, um Schülerinnen und Schüler über die Möglichkeit eines Studiums zu informieren und sie auf ihrem Weg vom Studieneinstieg bis zum erfolgreichen Studienabschluss und Berufseinstieg zu unterstützen.
Die Gießener Gruppe ist auch jetzt schon beispielsweise bei den Hochschulinformationstagen (HIT) vertreten. In der von Willems und Urbatsch unterzeichneten Kooperationsvereinbarung geht es nun um noch engere Zusammenarbeit. Die Ehrenamtlichen der Organisation sollen regelmäßig zu Informationsveranstaltungen an der THM eingeladen werden, die Hochschule will auch von sich aus in ihren Angeboten zur Studienberatung auf ArbeiterKind.de aufmerksam machen, analog wie digital. Angestrebt wird auch das Angebot einer Sprechstunde für Studierende der ersten Generation.
Als bedeutsam hoben Willems und Yvonne Gajer, hessische Bundeslandkoordinatorin bei ArbeiterKind.de, sogenannte Sensibilisierungs-Workshops für Lehrende und Mitarbeitende hervor. Auch diese werden vom hessischen Wissenschaftsministerium gefördert, sind somit für Teilnehmende kostenfrei und sollen auf die speziellen Bedürfnisse von Menschen ohne akademischen Familienhintergrund aufmerksam machen.
„Diese Menschen haben es durch die Herausforderungen des Schulsystems und die Kosten eines Studiums im Durchschnitt schwerer“, sagte Urbatsch. Nicht nur fielen Eltern als „Kenner des Hochschulsystems“ aus. Auch hätten sie durch das statistisch geringere Familieneinkommen einen Nachteil gegenüber regelmäßig geförderten Kindern aus Akademikerfamilien, denen es aus demselben Grund leichter falle, eine Wohnung in der Studienstadt zu finden oder ein Auslandssemester zu schultern. Hier will die Organisation zusammen mit der Zentralen Studienberatung der THM, aber auch vielen anderen beteiligten Arbeitsbereichen aus Lehre und Verwaltung, unterstützen.