Rund ein Prozent der Bevölkerung hat eine Autismus-Spektrum-Störung. Diese kann im Alltag zu Herausforderungen führen. So auch im Studium. Um neurodivergente Studierende, wie Autisten, zu unterstützen, hat das Zentrum für blinde und schwerbehinderte Studierende an der THM (BliZ) kürzlich die dreijährige Initiative „Neurodiversität an der THM“ gestartet.
Im ersten Jahr liegt der Schwerpunkt auf Autismus. Bei der Auftaktveranstaltung erläuterte Privatdozentin Dr. Monika Lang vom Institut für Rehabilitationspsychologie und Autismus in Gießen die theoretischen Grundlagen des Autismus-Spektrums, das vielfältige Formen annehmen kann. In Gießen stehen mehrere Wohngruppen und Therapieangebote zur Verfügung – Mittelhessen verfügt seit über 15 Jahren über ein starkes Selbsthilfenetzwerk, das die Dozentin mitaufgebaut hat und in dem das BliZ aktiv vertreten ist.
Im Laufe seines über 25-jährigen Bestehens hat das BliZ bereits mehrere autistische Studierende und Auszubildende, zum Teil mit Mehrfachbehinderung wie zusätzlicher Taub- und Blindheit, erfolgreich betreut. Auch in diesem Semester. Die Mitarbeitenden verfügen daher über viel Erfahrung mit der Beratung von Studierenden, Eltern und Dozentinnen und Dozenten. Häufig könnten autistische Studierende nach einem Studium an der THM eine Tätigkeit am regulären Arbeitsmarkt aufnehmen, berichtete Prof. Monika Möhring, Direktorin des BliZ.
Für die Zeit ihres Studiums wird nicht nur neurodivergenten Studierenden, sondern allen vom BliZ betreuten Studierenden ein fester Berater zur Seite gestellt. So kann ein besonderes Vertrauensverhältnis entstehen.
Bei der Veranstaltung diskutierte das Team, wie jeder Studierende optimal unterstützt werden kann. „Hierbei können Checklisten von Ärzten und Selbsthilfeorganisationen eine Unterstützung bieten, welche derzeit im BliZ weiterentwickelt werden“, führte Möhring aus. Zudem diskutierten die Teilnehmenden, wie Prüfungen gestaltet werden können, um möglichst reizarm und angemessen zu sein. Da Probleme in der Wahrnehmungsverarbeitung auch zu sozialem Stress und Missverständnissen führen können, wurde erörtert, wie Mitstudierende sensibilisiert und für weitere Unterstützung gewonnen werden können.
Um eine Überlastung durch Lärm, Licht oder Gerüche zu vermeiden, soll auch der Beratungsraum des BliZ neugestaltet werden. Ein entsprechendes Konzept wird derzeit am Fachbereich Bau ausgearbeitet. Darüber hinaus wurde die Einrichtung einer moderierten Selbsthilfegruppe betroffener Studierender beschlossen, die auch nach Studienabschluss für die Teilnehmenden zugänglich bleiben soll.
Im nächsten Jahr setzt die Initiative den Fokus auf das Thema „Studieren mit ADHS“ und im Jahr 2027 liegt der Schwerpunkt auf Legasthenie, Tourette und Depressionen.