„Nachhaltigkeit heißt Zukunftsfähigkeit – auch für Unternehmen“:
Gastvortrag von Andre Christl
Ende November herrschte im Gießener Hörsaal reges Interesse: Kein Platz blieb frei, als Studierende der Studiengänge „Betriebswirtschaft - Nachhaltigkeitsmanagement“ und „Betriebswirtschaft“ einen spannenden Einblick in die Nachhaltigkeitsstrategie von Heraeus Precious Metals (HPM) erhielten. Zu diesem Anlass reiste der ehemalige CEO Andre Christl persönlich an, der zehn Jahren die Geschicke des Unternehmens mit Stammsitz in Hanau leitete.
Heraeus Precious Metals zählt zu den weltweit führenden Anbietern im Bereich Edelmetalle und deckt nahezu die gesamte Wertschöpfungskette ab – von Handel und innovativen Produkten bis hin zu Raffination und Recycling. Mit seiner Expertise in Platingruppenmetallen, Gold und Silber beliefert das Unternehmen diverse Industrien, darunter Elektronik, Solarenergie, Chemie, Automobil und Medizintechnik. HPM beschäftigt rund 3.000 Mitarbeitende an 16 Standorten weltweit und hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch technologische Innovationen eine nachhaltigere Welt zu schaffen. Renommierte, global agierende Kunden aus Branchen wie der Automobil-, Pharma- und Elektroindustrie vertrauen auf HPM und legen zugleich großen Wert auf höchste Nachhaltigkeitsstandards entlang der gesamten Lieferkette.
Trotz des großen Potenzials von Edelmetallen als Wegbereiter für eine nachhaltigere Zukunft, bergen deren Gewinnung und Verarbeitung ökologische und soziale Herausforderungen. Die energieintensive Edelmetallgewinnung in Mienen erfordert zahlreiche Ressourcen, wie etwa Wasser, birgt Risiken für Arbeitssicherheit und Umweltschutz und ist mit klimaschädlichen Emissionen verbunden.
Andre Christl legte in seinem Vortrag den Fokus auf die Klimaschutzambitionen von HPM entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dabei erläuterte er den „Scope-Rahmen“, der CO2-Emissionen in drei Kategorien unterteilt:
- Scope 1: Direkte CO2-Emissionen, etwa aus der Verbrennung von fossilen Energieträgern in eigenen Fabriken.
- Scope 2: CO2-Emissionen aus eingekaufter Energie, Heizung und Kühlung.
- Scope 3: Indirekte CO2-Emissionen, up- und downstream der Wertschöpfungskette, beispielsweise durch die Edelmetallgewinnung in Mienen.
Mit konkreten Beispielen verdeutlichte Christl, wie es HPM in den letzten fünf Jahren gelungen ist, die Scope-1- und Scope-2-Emissionen absolut um mehr als 40 % zu reduzieren – trotz eines Geschäftswachstums von 47 % seit 2019. Maßnahmen wie die Effizienzsteigerung und Elektrifizierung von Produktionsprozessen, der Ausbau von Photovoltaikanlagen, die Abkehr von fossilen Energieträgern und die Umstellung auf Grünstrom spielten hierbei eine zentrale Rolle.
Der größte Anteil der CO2-Emissionen (96 %) entfällt jedoch auf Scope 3 und betrifft die eingekauften Edelmetalle, bei deren Abbau viel CO2 entsteht. Hier verfolgt HPM ambitionierte Ziele: Bis 2033 soll eine Reduktion der Scope-3-Emissionen um 50 % (im Vergleich zu 2020) erreicht werden. Der Schlüssel dazu liegt laut Christl in einer engen Zusammenarbeit mit den Minenbetreibern, um emissionsärmere Technologien und Energieträger einzusetzen, sowie in der Ausweitung des Recyclings von Edelmetallen. Recycelte Edelmetalle haben einen bis zu 95 % geringeren CO2-Fußabdruck im Vergleich zu Primärmaterialien. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, investiert HPM derzeit über 300 Millionen Euro in den Ausbau seiner Recyclingkapazitäten.
Neben der intrinsischen Motivation betonte Christl die wirtschaftliche Notwendigkeit der Dekarbonisierung. Kunden, getrieben von strengen regulatorischen Vorgaben, verlangen zunehmend nach emissionsarmen Produkten und sind perspektivisch bereit, dafür höhere Preise zu zahlen. Nachhaltigkeit wird so zu einem entscheidenden Faktor für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig sei eine glaubwürdige Führungsrolle in Sachen Nachhaltigkeit essenziell, um die besten Talente für das Unternehmen zu gewinnen.
Zum Abschluss seines Vortrags ermutigte Andre Christl die Studierenden, mit Enthusiasmus, Kreativität und Tatkraft an der Umsetzung von Nachhaltigkeit zu arbeiten und sich nicht zu viel mit potenziellen Risiken, Gejammere und Bedenken aufzuhalten. Es sei entscheidend, dass alle Ebenen eines Unternehmens – von den Eigentümern über die Geschäftsführung bis hin zu allen Mitarbeitenden – gemeinsam an einem Strang ziehen. Auch die Integration von Nachhaltigkeitszielen in Vergütungssysteme hob er als wichtigen Hebel hervor.
Wir danken Andre Christl herzlich für seinen inspirierenden Vortrag und freuen uns auf weitere spannende Kooperationen in der Zukunft!
Text: Prof. Dr. Isabell Lenz & Prof. Dr. Julian Conrads
Fotos: Lily Rüppel