Studieneinstieg an der THM – Ein BarCamp als flexibles Tagungsformat
Impressionen zum BarCamp Studieneinstieg 2018
Rückschau auf einen besonderen Tag
Das BarCamp der THM im Rahmen des HMWK-Projektes „gelingender Studieneinstieg“ war mit über 80 Teilnehmer_innen am Mittwoch, den 26.09.2018 gut besucht. So diskutierten Lehrende, Mitarbeiter_innen der THM, Studierende sowie externen geladene Experten bzw. Expertinnen einen ganzen Tag zum Thema Studieneinstieg und teilten ihre Ideen und Erfahrungen in den sogenannten „Sessions“ des Barcamps.
Die Eröffnung des Tages erfolgte durch die Vizepräsidentin für Lehre Frau Prof. Dr. Katja Specht sowie den Moderator, Herrn Michael Böddeker (ehemaliger Moderator der Sendung "Campus & Karriere" im Deutschlandfunk), welcher den gesamten Verlauf moderierte und begleitete.
Zur morgendlichen Einstimmung auf das Thema Studieneinstieg slammte Dr. Daniel Hunold (Universität Greifswald) unter dem Titel "Revolution in der Studieneingangsphase - jein danke! Was tun, wenn der Pokemon "Prokrastinator" zuschlägt“. Der mit Eloquenz und wissenschaftlicher Akkuratesse präsentierten Sience-Slam-Vortrag öffnete und sensibilisierte die Teilnehmenden für eine multidimensionale Sichtweise auf das Thema Studieneinstieg.
Anschließend wurden alle Teilnehmer_innen aktiv. Das Format eines BarCamps hat die Besonderheit, dass es an den Teilnehmer_innen liegt, die Veranstaltung mit Inhalt und Leben zu füllen, als Gruppe für die einzelnen Workshops und Diskussionsrunden Verantwortung zu übernehmen und die Ergebnisse gemeinsam festzuhalten. So wurden von den Teilnehmenden in kurzen Worten 14 Themen vorgeschlagen, welche im Rahmen der einzelnen BarCamp-Sessions bearbeitet, diskutiert sowie dokumentiert wurden.
Gerahmt wurde der Tag von einer Podiumsdiskussion geladener Experten und einer geladenen Expertin. Hier wurde noch einmal das Thema Studieneinstieg an sich beleuchtet sowie die individuellen Tageseindrücke aus Sicht der Podiumsgäste diskutiert.
Das BarCamp zum Thema Studieneinstieg zeigt, dass es an der THM ein reges Interesse an der Gestaltung dieser ersten Studienphase gibt und dieser eine hohe Wertigkeit zukommt. Ebenso zeigt sich aber auch, dass die Hochschule als Ganzes, gemeinsam mit all ihren Facetten und Akteuren dieses Thema angehen muss, um zielführende Lösungen für die Studieneinsteiger erarbeiten zu können.
Das Team „Gelingender Studieneinstieg“
Stimmen vom BarCamp-Event
"Es war mein erstes Barcamp und ich muss sagen, dass diese Form der Zusammenkunft einige Potentiale birgt. Gerade die vor Ort entwickelte Agenda und das damit verbundene niederschwellige Kommunikationsangebot schaffen eine positive Atmosphäre und helfen dabei, einen Gegenstand von vielen Facetten zu beleuchten." (Richard König, geladener externer Gast vom DZHW)
"Das Interesse und die Atmosphäre auf dem Barcamp war großartig." (Dr. Daniel Hunold, hat den einführenden Science Slam gehalten)
Was ist ein Barcamp?
Ein Barcamp ist eine Konferenz-Variante, die Freiraum zum Austausch zur Verfügung stellt: Zeit, Raum und Verpflegung, um sich gemeinsam einem bestimmten Thema zu widmen. Das Programm wird am Anfang des Tages gemeinsam erstellt. Dabei kann jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer ein Thema für eine sog. Session einbringen. Das Programm spiegelt also genau die Themen, Interessen und Wünsche derer wider, die am Barcamp teilnehmen.
Warum Studieneinstieg?
Für die Studierenden ist das erste Jahr an der Hochschule eine wichtige Phase, in der sie ...
- … sich neu orientieren
- … neue Kontakte knüpfen
- … wissenschaftliche Arbeitsweisen anwenden
- … sich selbstverantwortlich organisieren
- … und vieles mehr
Wie können Lehrende und Hochschulangehörige diese Phase unterstützen?
Welche Gestaltungsmöglichkeiten bietet die Hochschule – oder könnte sie bieten?
Was sagen die Studierenden zum Thema Studieneinstieg?
Wie können wir engagierte Lehrende, Mitarbeiter und Studierende unterstützen, fördern und Leistungen anerkennen
Wer macht mit und warum?
Alle Hochschulangehörigen sind herzlich eingeladen, ihre Themen ins Barcamp einzubringen. Haben auch Sie eine Idee? Schicken Sie uns Ihr Statement!
Katja Specht|Vizepräsidentin für Studium und Lehre
„Die Gestaltung des Studieneinstiegs spielt angesichts der zunehmenden Heterogenität unserer Studierenden eine wichtige Rolle für die Zukunft der THM. Ich würde deswegen gerne das Thema in einem offenen Format mit vielen Betroffenen und Interessierten diskutieren. Ein Barcamp ist eine tolle Gelegenheit.“
Prof. Axel Barwich|MuK, und Dr. Sandra Berger|MuK
"Jenseits der fachlichen Defizite von StudienanfängerInnen stellt sich die Frage, ob nicht mangelnde Bereitschaft oder auch Befähigung zur Übernahme von Eigenverantwortung ein maßgebliches Problem hinsichtlich der Studierfähigkeit darstellt.
Wir stellen fest, dass nur wenige StudienanfängerInnen in der Lage sind, ihren Studienalltag eigenverantwortlich und zielführend zu strukturieren. Eine mögliche Erklärung dafür könnte sein, dass sie oftmals nicht in der Lage sind, sinnentnehmend zu lesen und somit die im Studium meist schriftlich verbreiteten Informationen vollumfänglich zu nutzen (120 Zeichen-These). Daher werden wir über unsere Erfahrungen berichten und anschließend zur Diskussion stellen, ob eine Stärkung der Lesekompetenz zu einer größeren Eigenverantwortung beitragen könnte und welche weiteren Erklärungsansätze es für die oftmals unzureichende Eigenverantwortung vieler Studierender geben könnte. Ziel ist es, erste Lösungsansätze zu erarbeiten."
Prof. Dr. Martin Gräfe|Fachbereich IEM, Studiendekan
"Viele Übungsstunden - insbesondere in den ersten Semestern - laufen für einen größeren Anteil der Studierenden ineffektiv ab. Der Dozent oder Tutor setzt voraus, dass die Aufgaben zu Hause intensiv bearbeitet wurden. Viele Studierenden kommen aber mit der Zielsetzung in die Übung, eine Musterlösung abzuschreiben, ohne dass sie sich vorher mit den Aufgaben auseinandergesetzt haben. Ich würde gern zusammen mit Studierenden diskutieren, wie das effektiver und vor allem mit höherer Lernwirksamkeit ablaufen könnte.
Ich habe noch eine Idee: Bei den Politikwissenschaftlern gibt es mehrtägige Veranstaltungen, bei denen Studierende Sitzungen von UN-Gremien simulieren. Etwas Ähnliches könnte man doch auch bei Ingenieurstudenten machen, wobei es dann z. B. um eine (Projekt- oder Krisen-)Sitzung in einem (fiktiven) internationalen Konzern ginge. In einer offenen Diskussionsrunde, wie ich das Barcamp verstehe, könnten einige Vorschläge, Anregungen und Konzeptansätze zu diesem Thema entstehen."
Maurice Kontz|Fachbereich MNI, Student und stellvertretender Fachschaftssprecher
"Der Studieneinstieg an der THM wird zurzeit, gerade in der Einführungswoche, von jedem Fachbereich sehr individuell gestaltet. Ich würde mir eine THM-weite Einführungswoche in Anlehnung an die amerikanische "Welcomeweek" wünschen. Mit Aktivitäten, die alle Fachbereiche gemeinsam organisieren und durchführen, wie Erstitüten oder auch eine Campus- oder Stadtrallye. Die Studierenden sollen dabei intensiv in die Planung und Durchführung eingebunden werden. Das Barcamp bietet eine tolle Möglichkeit, über Konzepte und Ideen zu reden und sich über Fachbereiche hinweg auszutauschen."
Prof. i.R. Dr. Andreas Slemyer|Fachbereich EI|Ehemaliger Sprecher der AG QLS
"Es hat in den letzten Jahren vielfache Versuch gegeben, die Einstiegsphase ins Studium zu verbessern. Was sich m. E. nach leider kaum geändert hat, ist die fehlende Haltung vieler Dekaninnen und Dekane, in das erste Semester verstärkt und großzügig (und dennoch im Rahmen der Kapazitätsverordnung) Deputat zu investieren. So müssen engagierte, am Erfolg ihrer Studierenden interessierte Einzelkämpfer in der Lehre agieren, ohne den Rückhalt des Kollegiums zu erfahren. Dabei zeigen alle Studien, wie groß die "Parameterempfindlichkeit" hinsichtlich eines erfolgreichen Studieneinstiegs gerade in dieser Phase ist. Eine gute personelle Ausstattung der Lehrveranstaltungen des 1. Semesters und individuelle Begleitung der Studierenden kann in vielen Fällen einen Studienabbruch verhindern, rechnet sich somit. Dieses Thema hat daher eine strategische Dimension und bedarf weiterhin eines Paradigmenwechsels."
Dr. Christine Fröhlich|Lehrende am Fachbereich MNI
"Wie steht es eigentlich um die Studierfähigkeit der Erstsemester? Stimmen die subjektiven Eindrücke der Lehrenden mit objektiven Daten überein? Ich würde auf dem Barcamp gerne mal grundsätzlich über das Thema „Vorkenntnisse der Studierenden" sprechen."
Doris Helf|Studienberaterin
"Das offene und sehr kreative Format Barcamp lässt Raum für außergewöhnliche Ideen und unkonventielle Denkweisen. Als ersten Schritt zur Neugestaltung des Studieneinstiegs finde ich es sehr geeignet."
Laura Lahmeyer|Lehrende am Fachbereich MNI, und Dr. Christine Fröhlich|Lehrende am Fachbereich MNI; beide Mitglieder der AG QLS
"Wir haben in der AG QLS Grundsätze eines gelingenden Studieneinstiegs erarbeitet, die der THM bei ihrer Profilierung im Studieneinstieg als Kompass dienen können. Das Barcamp möchten wir gerne nutzen, um erste Ideen für einen Aktionsplan zu entwickeln, mit dem diese Grundsätze umgesetzt werden."
Fachschaft IEM
"Aktuell ist ein guter Studieneinstieg eine Glückssache: Hat man das Glück, im Wintersemester anzufangen, wird man in einer Woche gut in die Thematik "Studieren an der THM" eingeführt. Im Sommersemester sieht das leider meist ganz anders aus; hier werden alle Informationen in nur einen Tag gepackt. Diese Situation ist suboptimal. Wir wollen auf dem Barcamp aus der Perspektive der Fachschaften und der Studierenden Ideen erarbeiten, wie die gute Einführung in die THM nicht mehr vom Glück abhängt."
Jan-Martin Wiarda|Wissenschaftsjournalist, Moderator des Barcamps Studieneinstieg
"Barcamps entwickeln immer wieder eine ganz eigene Dynamik. Es ist faszinierend, mit welcher Energie sich Menschen einbringen, die sich in traditionellen Settings schwerer tun – und welch Ideenreichtum plötzlich sichtbar wird."
Dr. Yves Jeanrenaud|Technische Universität München, Projekt GenderMINT 4.0
"In manchen Studiengängen, die im Zusammenhang mit der Industrie 4.0 und dem digitalen Wandel stehen, ist der Frauenanteil nach wie vor niedrig. Wir forschen über die Bedingungen für Studienmotivation und Studienerfolg von Frauen und Männern in MINT-Fächern. Die Studieneingangsphase ist für Motivation und Erfolg sehr bedeutsam. Ich nehme am Barcamp Studieneinstieg der THM teil, um Expertise und Erfahrungen zum Thema Studienmotivation und -Erfolg von Frauen und Männern in MINT auszutauschen."
André Dommaschke | Fachbereich IEM, Student
"Der Studieneinstieg ist eine Sache der Herkunft. Stammt man aus einer Akademiker-Familie, weiß man vermutlich, was einen erwartet. Ist man allerdings der erste in der Familie, der studiert, erwartet einen eine vollkommen neue Welt, die einen durchaus auch überfordern kann. Ich möchte auf dem Barcamp meine Erfahrungen mit anderen teilen und diskutieren, wie man Studierende aus Nicht-Akademiker-Familien gut unterstützen kann."
Prof. Dr. Claus Breuer|Fachbereich M, Dekan
"Wenn ich mich an meinen Studieneinstieg zurückerinnere, hatte ich nur Fragezeichen im Kopf und suchte nach jeglicher "Orientierung". Was muss ich tun, um erfolgreich zu studieren? Wie geht studieren eigentlich? Wo muss ich was anmelden, um nichts zu verpassen? War es überhaupt die richtige Entscheidung? Kann ich das? Was erwartet mich, wenn ich es schaffen sollte? Wer kann mir bei welcher Frage helfen? Wo ist denn der Hörsaal oder das Büro des Dozenten? Die Liste der Fragen lässt sich fast beliebig erweitern und verdeutlicht dabei, dass eine "Orientierungsphase" nicht an einem Tag oder einer Woche erledigt ist.
Ich würde das Barcamp daher gerne nutzen, um mit anderen gemeinsam zu diskutieren, wie wir zukünftig unsere Erstsemester nicht nur begrüßen und informieren, sondern auch über eine notwendige Phase möglichst individuell begleiten können."
Fachschaft ME
"Der Studieneinstieg ist ein großer Knackpunkt im Studium, der aus unserer Sicht leider nicht jedem bekannt ist. Um unsere schlechten Erfahrungen, die in dem ein oder anderen Zusatzsemester geendet haben, den neuen Erstis zu ersparen, haben wir ein Mentoring-Programm auf die Beine gestellt. Doch trotz guter Erfahrungen in zwei Durchläufen sehen wir weiterhin Optimierungspotential. Daher möchten wir das Barcamp dazu nutzen, unsere Erfahrungen zu berichten und uns über Ideen, Konzepte und Ansätze auszutauschen."
Prof. Dr. Klaus Quibeldey-Cirkel
Wir alle wissen, dass die Lernstrategien aus der Oberstufe auch im Studium verfolgt werden: Prokrastination und Bulimielernen. Lernen in der Woche oder gar in der Nacht vor der Klausur kann effektiv sein, das heißt, Prüfungen lassen sich auf diese Weise bestehen. Wir alle wissen aber auch, warum es im Jargon der Studierenden „Bulimielernen" heißt: Wissen kurzfristig in sich reinstopfen als gäbe es kein Morgen, dann in der Prüfung ausspucken und anschließend vergessen.
Studieren ist kein Sammeln von Scheinen (Modul-Prüfungen), Studieren ist Kompetenzerwerb. Am Ende des Studiums soll man eine Expertin oder ein Experte des Studienfaches sein — und vor allem auch bleiben. Expertentum zeichnet sich dadurch aus, dass man sein Wissen aus dem Studium in besonderen Situationen und Herausforderungen im Beruf aus dem Gedächtnis abrufen kann. Googeln hilft dann nicht.
In meiner Session möchte ich ein aktuelles Lehr-/Lernprojekt vorstellen, dass der Prokrastination und dem massierten Lernen entgegenwirkt. Die webbasierte App, die in diesem Projekt konzipiert, entwickelt und seit zwei Semestern in mehreren Lehrveranstaltungen der Studieneingangsphase eingesetzt wird, heißt „.cards" (gesprochen: Punkt cards). Beispielhaft gefüllt ist die studienbegleitende Lernkartei-Plattform derzeit mit Kartensätzen zu Themen aus Informatikmodulen. Projektziel ist, für alle Pflichtmodule der Informatik thematische Kartensätze anzubieten für ein verteiltes Lernen über die gesamte Studienzeit. Die Widmung einer .cards-Instanz ist beliebig, zum Beispiel haben wir eine Instanz der Vorbereitung auf die LPIC-Zertifizierung von Linux-Kompetenzen gewidmet: https://linux.cards. Jede Lehrperson und alle Studierenden können .cards kostenlos nutzen. In der Session möchte ich mit den Teilnehmenden die Projektvision „Nachhaltiges effektives Studieren" diskutieren und den Einsatz von .cards studienbegleitend in der Vorlesung, zu Hause und unterwegs erläutern. Vielleicht finden sich auch Kolleginnen und Kollegen, die gemeinsam zu bestimmten Themen Ihrer Module Kartensätze erstellen wollen.